ROGER – Verstärker / Tonabnehmer (TA) / Zubehör

Artikel von Stefan Lob

Die Firma „Roger-Guitarren“ baute nicht nur Gitarren sondern hatte auch Ihr eigenes Zubehör Programm. Eine immer wieder gern erzählte Geschichte handelt von der Entstehung des ersten ROGER Tonabnehmers 1946. Um diese Geschichte richtig einzuordnen und zu deuten ist es sinnvoll, eine kurze Geschichte der Tonabnehmerentwicklung voranzustellen.

Verstärkertechnik und Mikrofone

Lee De Forest hat das AUDION, eine Elektronenröhre, die später das de Forest Ventil genannt wurde und unter dem Namen TRIODE allgemeine Bekanntheit erlangte, im Jahre 1906 erfunden. Um diese Erfindung gab es viele Patentstreitigkeiten. Zehn Jahre später wurde mit dieser, vom Erfinder konsequent weiterentwickelten Technik, das erste Radioprogramm mit der Musik von Enrico Caruso ausgestrahlt. Anfang der 20er Jahre entstand der Tonfilm. 1922 hat De Forest den Phonofilm mitentwickelt auf dem sich Ton und Film auf einer Filmrolle befunden haben.

Die Verstärkertechnik, die Wirkweise des Mikrofons und das Funktionsprinzip der elektrischen Tonabnehmer basieren auf ein und derselben Grundlage. Schallwellen und Schwingungen von Resonanzkörpern werden in elektrische Signale mit unterschiedlicher Spannung umgewandelt. Diese werden verstärkt und erzeugen mittels einer Membrane Schallwellen die für uns Menschen akustisch wahrnehmbar sind. Der endgültige Durchbruch dieser Technik kam wohl 1925 als man die erste Schallplattenaufnahme, mit dem Pianisten Art Gilham, vor einem Mikrofon machte. So löste die Elektrik das rein mechanische Aufnahme-Verfahren über Schalltrichter ab. Dieses Ereignis war der Auslöser für viele technische Neuerungen die im Laufe der Jahre entwickelt wurden.

Ein weiterer Motor für neue Entwicklungen war die drahtlose Telegraphie und die Erfindung des Telefons!

Mikrofon

Die Entwicklung des Mikrofons ist weitaus älter! Das hängt zusammen mit der Entwicklung des Telefons. Alexander Graham Bell ist wohl (vielleicht auch Phillip Reiss) der Erfinder des Mikrofons. Am 14. Februar 1876 meldete er es als Patent an. Das Mikrofon wurde immer weiterentwickelt und Georg Neumann entwickelte im Jahr 1923 das erste Kohlemikrofon was klanglich schon sehr gut war.

Tonabnehmer (TA)

Wenn wir heute vom TA sprechen meinen wir elektromagnetische TA aber eigentlich ist die Erfindung des Tonabnehmers eine mechanische Erfindung. Mit der Erfindung des Phonographen wurde auch zwangsläufig der TA welcher sich an einem Tonarm befand erfunden (1877 von Thomas Alva Edison).

Danach wurde der Kristalltonabnehmer (Piezokristall) und später der Magnettonabnehmer entwickelt.

Die TA bei Musikinstrumenten von denen wir hier sprechen wurden nicht für Gitarren erfunden sondern für ein Soloinstrument wie die Geige. Die Gitarre war zu der Zeit ein reines Rhythmusinstrument. Die Geige machte immer Probleme bei der Aufzeichnung so hat man auch zur Zeit der mechanischen Aufzeichnung die Strohgeige(Johannes Matthias Augustus Stroh) entwickelt die einen Trichter besaßen um den Ton zu verstärken.

Tonabnehmer für Instrumente
  • 1923 hat ein Lloyd Loar einen TA bei Gibson für eine massiv gebaute Geige erfunden; sozusagen eine „solidbody“ Geige.
  • 1924 hat er einen TA für Kontrabässe entwickelt.
© Rickenbacker Katalog

© Rickenbacker KatalogDer gebürtige Schweizer Adolf Rickenbacher aus Basel, besser bekannt unter seinem späteren Namen Rickenbacker, hat den ersten Lapsteel TA in seine berühmte „Frying Pan“ eingebaut. Das war 1931 und der TA nannte sich aufgrund seines Aussehens „Horseshoe Pickup“.

1935 wurden von Rickenbacker die ersten massiven E- Gitarre mit einem Horseshoe TA ausgestattet. Diese massive E-Gitarre bekam den Namen „Electric Spanish Modell B“.

1936 bekam Charlie Christian von Gibson einen TA in seine ES-150 Archtop eingebaut. Der TA stammte aus einer Lapsteel – Gitarre.
In der Zeit vor Charlie Christian war die Gitarre in der populären Musik gerade im Swing der großen Orchester und der Tanzmusik ein reines Rhythmusinstrument. Man hat sich mithilfe eines Mikrofons verstärkt oder spielte gerne das viel lautere Banjo.

© CD Cover

Erst mit Charlie Christian und seiner neuen Solotechnik wollten immer mehr Gitarristen sich Gehör mithilfe eines TA´s und eines Verstärkers verschaffen und alle Welt verlangte nun nach „lauten“ elektrischen Gitarren.
In der Folge wurde die Gitarre allmählich zum Solo Instrument. Deshalb muss diese Ära als der Beginn der Zeitrechnung der „Gitarren TA“ und der Gitarrenverstärker angesehen werden.
Historisch gesehen ist die Broadcaster (1951) von Leo Fender „die“ entscheidende Gitarre. Sie besiegelte die untrennbare Einheit einer massiven Gitarre mit Ihrem Tonabnehmer. Der Name Broadcaster wurde dann in Telecaster umgewandelt und wie es mit der 1954 entwickelten Stratocaster weiterging wissen wir ja alle.

Gibson kaufte 1957 die Fa. Epiphone auf und brachte zeitgleich den von Seth Lover entwickelten doppelspuligen Tonabnehmer auf den Markt. Singlecoil TA hatten die Angewohnheit stark zu brummen. Mit den doppelspuligen Tonabnehmern hingegen konnte man das „Brummen“ drastisch reduziert werden. Die berühmten Humbucker (Brummunterdrücker) waren erfunden.
Trotz dieses enormen Vorteils konnten die Humbucker jedoch bis heute nicht die Singlecoils vom Markt verdrängen. Das lag wohl daran, dass der TA und die Gitarre einen bestimmten Sound erzeugen und der ist nun mal bei einer Strat mit Singlecoils und einer Les Paul mit Humbuckern so unterschiedlich wie „Himmel und Hölle“. Daraus entwickelte sich die ewige Streitfrage der E-Gitarristen welchen Sound sie denn bevorzugen.

Die ersten elektrischen Gitarren waren Lapsteel (Hawaii-Gitarren) und der Schritt die Elektrik auf eine normale Gitarre zu übertragen war kein besonders großer, außer dass man die Gitarre nicht auf dem Knie spielt und die Finger anstatt eines Slidebars benutzt!

Meiner Meinung nach haben an der Verbreitung und Weiterentwicklung der Gitarrentonabnehmer Firmen wie Gibson, Rickenbacker und Fender und die Personen die für diese Firmen arbeiteten den Löwenanteil.

Tonabnehmer „ROGER-Guitarren“ 

Wie es zu dem „wohl“ ersten Nachkriegs-Tonabnehmerbau für Gitarren kam schildert Coco Schumann im Interview mit Sören Marotz in Gitarre&Bass

G&B: Ihre erste Roger-Gitarre hat Wenzel Rossmeisl gebaut?
Schumann: Ja den kannte ich gut. Ich war ja fast jede Woche ein paar Mal bei ihm in der Werkstatt in der Martin-Luther-Straße, und habe zugeguckt wie er arbeitet.
G&B: Haben Sie auch zugeschaut, wie er Ihre Gitarre gebaut hat?
Schumann: Die war schon fertig. Die ist ja noch während des Krieges gebaut worden. (Anm. H. Rittinger: ROGER-Guitarren wurden währen des Krieges nicht gebaut. Sehr wahrscheinlich ein frühes Nachkriegsmodell.)
G&B: Und Roger Rossmeisl, der Sohn, hat sich später um die Tonabnehmer gekümmert?
Schumann: Er hat Gitarrenbauer bei seinem Vater gelernt und war noch ganz jung damals. Die Gitarren wurden seit seiner Geburt „Roger“ genannt. Ich kannte ihn natürlich. Dann war ich ein bisschen weg, im „Urlaub“ (in den KZ Theresienstadt und Auschwitz; d. Verf.). Als ich wiederkam stand eine Roger in einem Musikgeschäft in der Rankestraße. Ich bin aus dem KZ mit irgendeiner Gitarre wiedergekommen, einer richtigen Klampfe, die mir einer aus einem Musikgeschäft mitgebracht hat, wo der Besitzer wahrscheinlich ein Nazi war und getürmt ist. Darauf hab ich dann in der Ronny-Bar angefangen zu spielen. Der Geiger dort, der Hot Miller, war nebenbei ein toller Schwarzmarkt-Händler. Dem habe ich dann erzählt, dass ich die Roger für 5000 Mark gesehen habe. „Ich kauf‘ dir die“, sagte er, „musste aber bei mir abarbeiten!“. Und als dann nach dem Krieg der Helmut Zacharias kam und mich fragte, ob ich wieder bei ihm einsteige, sagte ich, dass ich keine Gitarre habe. Seine Frau Hella sprach daraufhin mit Hot Miller und schoss das Geld für die Gitarre vor.
G&B: Was war denn der Hauptgrund, warum Sie sich in die Roger-Gitarre einen Pickup einbauen ließen?
Schumann: Ich fand die Musik von Charlie Christian toll. Ich hab aber vorher nicht mal gewusst, wie der hieß.
G&B: Und dann sind Sie zu Roger Rossmeisl gegangen, damit er Ihre Gitarre auch so klingen lässt?
Schumann: Ja, wir waren ja irgendwie lose befreundet, und dann habe ich eines Tages zu Roger gesagt: „Was ist das denn für ein komischer Klang, der da aus Amerika kommt?“ „Mensch“, sagte der, „das sind Tonabnehmer, die nehmen dann die Schwingungen der Saiten elektrisch ab.“ Ich sagte: „Mann, ich möchte so was auch haben!“ Und er: „Na ja, ich kann Dir so was bauen.“

©Sören Marotz

G&B: Hatte er da schon viele Instrumente gebaut?
Schumann: Nee, mit elektrischen Tonabnehmern noch nicht. Aber er wusste Bescheid.
G&B: Woher? Hatte er irgendein Vorbild, vielleicht eine Gibson?
Schumann: Keine Ahnung, woher er das hatte. Er war sehr pfiffig und interessiert. Es gab ja keine fertigen Abnehmer zu kaufen, da hat er von den Kopfhörern, die ja bergeweise vom Militär herumlagen, die Magnete und die Spulen rausgenommen und sie dann zu einem Abnehmer zu-sammengebaut. Er hat mir gesagt, dass er alles in eine Blechschachtel mit Kerzenwachs eingegossen und dann wieder zugemacht hat. An das Schlagbrett kamen dann die zwei Regler dran. Auf den ersten Aufnahmen mit Helmut Zacharias spiele ich den Tonabnehmer noch. Ich hatte ja anfangs nicht mal einen Gitarrenverstärker, den hat mir unser Bassist, ein Bulgare, gebaut.
G&B: Die Röhren hat er sich aus Kriegsmaterial zusammengesucht?
Schumann: Ja, da gab’s solche Röhren, ich glaube die hießen P90. Die Funker haben die benutzt.
G&B: Und dann haben Sie mit der Roger-Gitarre und dem Verstärker gespielt?
Schumann: Ja. Klang ganz toll, was auf einigen Aufnahmen auch zu hören ist.
G&B: Wie hat denn das Publikum darauf reagiert?
Schumann: Wir haben ja zuerst im Ami-Club gespielt, mit Helmut Zacharias. Die kannten das ja aus Amerika. Aber als wir dann 1946 oder 1947 nach Garmisch engagiert wurden, hatten wir jeden Samstag eine Live-Übertragung vom AFN: „From the Riessersee-Hotel Helmut Zacharias“. Als ich zurückkam, war körbeweise Fan-Post in der Masurenallee, in der dieser unglaublich schöne, neue Klang bewundert wurde.
G&B: Hatten zu dieser Zeit auch andere Musiker Gitarren mit Tonabnehmer?
Schumann: Nein, erst später. Soweit ich weiß, war ich der Erste hier.
G&B: Hat die Technik denn gut funktioniert?
Schumann: Mit dem Verstärker musste ich ab und zu zum Nollendorfplatz. Da spielten wir monatelang in einer neuen Revue und da pfiff der schon mal. Dann habe ich dagegen getreten und er hörte wieder auf. Die Röhren waren natürlich empfindlich und nicht für Gitarrenverstärkung gedacht.
G&B: War der Einsatz des Tonabnehmers mehr eine Frage der Lautstärke oder der Klangfarbe?
Schumann: Ne, ne, reine Klangsache. Ich hab ja früher schon in einer Bigband, einem 16-Mann-Orchester, mit Mikrofon-Abnahme gespielt.

 Rudi Bremer
© Stefan Lob schlaggitarren.de

Nach diesen ersten Versuchen des Tonabnehmerbaus lernten die Rossmeisl´s Rudi Bremer kennen. Bremer war ein junger Man der bereits Erfahrung mit Kinobeschallungsanlagen hatte. Diese hat er gebaut und repariert.

Für „ROGER-Guitarren“ baute und entwickelte er die ersten ROGER Verstärker und Tonabnehmer. Die Tonabnehmer waren sehr elegante, frei schwebende Systeme mit dem typischen ROGER Schriftzug.

Auch die ROGER Verstärker trugen den typischen Schriftzug im trapezförmigen schwarzen Logo wie man es auf Kopfplatten von Roger Gitarren wiederfindet.

© Achim Bitz

Nachdem Roger Rossmeisl seinen Angestellten gekündigt und 1953 fluchtartig seine Berliner Werkstatt verlassen hatte, mussten die Gläubiger, unter ihnen auch Bremer, ihre Forderungen an die bankrotte Firma abschreiben. In der Folge sicherte sich Bremer die Namensrechte, sodass er seine Produkte weiterhin unter dem Namen ROGER vertreiben konnte um sich so seine Existenz zu erhalten. Er wurde später ein erfolgreicher Geschäftsmann und baute die „BREMER Transformatoren GmbH“ auf. Eine Firma die heute noch unter der Leitung seines Sohnes Thomas Bremer Transformatoren herstellt.

Die Firma Bremer hat bis Ende der 90er Jahre mit der Firma FUMA zusammengearbeitet.

Die Berliner Firma FUMA

FUMA – Feinmechanik und Massenartikel Reinhold Knispel & Co. G.m.b.H.- existierte schon lange und es gibt einige Patente von FUMA. Die unter dem Namen IDEAL bekannten Tonabnehmer sind ein Produkt der Firma FUMA, die noch bis in die 90er Jahre TA hergestellt haben. Wie allgemein üblich wurde auch auf Wunsch der Instrumentenfirmen die Produkte mit deren Logo versehen

Modell 52 war das einfachere Modell

© GEWA Katalog

Modell 55
hatte bereits 6 höhenverstellbare Schrauben (die für FUMA typischen 6 Schlitz-Schrauben) mit denen man die Lautstärken der einzelnen Saiten korrigieren konnte. Es gab Ausführungen mit festem Kabel oder mit einer Steckerverbindung.

© GEWA Katalog

In der IDEAL Serie hieß der TA „Modell:303“

© IDEAL Katalog

Später kam eine Regeleinheit für Lautstärke und Klang hinzu. Diese war in den Saitenhalter integriert, anfangs in den schlichten trapezförmigen, später dann in den mit dem R-Design. Des weiteren gab es TA Mischpulte mit dem ROGER Label. Diese fanden auch Verwendung auf den ROGER Elektro-Gitarren.

© GEWA & ROGER Katalog / Foto: Michael Valentin

Hier zwei weiter ROGER TA

Der rechte sieht aus wie von Bremer der linke ist ein einfacher FUMA mit Steckeranschluß.

Auf ganz besonderen Wunsch konnte man auch einen amerikanischen DeArmond TA montiert bekommen
Wenzel Rossmeisl importierte diese aus den USA und verkaufte sie auch an andere deutsche Gitarrenbauer wie z. B. Artur Lang.

© ROGER Katalog
ROGER Saiten und Zubehör
© GEWA Katalog

Es gab eine eigene ROGER Saiten Kollektion. Die ersten Saiten wurden in Markneukirchen von Heinrich Otto Schlosser hergestellt. Rossmeisl nahm den Standardsatz „MONEL“ und ersetzte nur die Verpackung, gegen eine mit ROGER Schriftzug. Schlosser war auch der Hersteller der „Mohawk“ Saiten die Elvis Presley währen seinem Deutschland Aufenthalt spielte. Später wurden die Roger Saiten in der BRD hergestellt. Es gab auch weiteres Zubehör wie Schildpatt-Plektren und ein besondere „ROGER Politur“ so wie diverse Gitarrengurte.

Verstärker aus den USA

Das Angebot an Verstärkern wurde durch weitere Modelle, die aus den USA importiert wurden ergänzt.

© GEWA Katalog
Quellen

Quellen

Rudi und Thomas Bremer
Sören Marotz
diverse Kataloge

Stefan Lob für schlaggitarren.de im Juli 2009