WENZEL UND ELISABETH ROSSMEISL
Wenzel Rossmeisl entstammt einer alteingesessenen Instrumentenbauerfamilie aus Graslitz.
Sein Großvater hatte 2 Söhne:
Wenzl, Franz Rossmeisl, der Onkel von WR, 1870-1947, Metallblasinstrumentenmacher, verließ Graslitz 1919, zusammen mit seinem Sohn Franz, 1895-1945 und gründete, in Tilburg/ Holland, eine Firma für die Herstellung und den Vertrieb von Musikinstrumenten.
Franz Rossmeisl, Instrumentenbauer, Vater von WR, geboren 1864 in Graslitz, gestorben 1934 in Kiel, siedelte 1902 nach Kiel. Aus der Ehe mit Anna, geborene Meinl, gingen 9 Kinder hervor.
Wenzel Rossmeisl wurde am 28. Juni 1902, als zweites Kind, in Kiel geboren. Nach dem Abschluss der katholischen Knabenschule in Kiel begann Wenzel in der Werkstatt seines Vaters eine Lehre als Musikinstrumentenmacher. Sehr früh schon hat er das Banjospiel erlernt. Bereits zu Beginn der 30er Jahre zählte er zu den 12 besten Jazzmusikern im Land. Er spielte in den bekanntesten Formationen, war hochbezahlt, bereiste ganz Europa und hat in vielen Filmen der 20er und 30er Jahre mitgewirkt.
Nach seiner Heirat mit seiner ersten Frau, Elisabeth, geborene Przybylla, wohnte WR in Berlin in der Motzstraße am Nollendorfplatz. Bei einigen seiner musikalischen Auftritte trat Elisabeth als Sängerin auf. Ihr Künstlername war Lollo. Aus dieser Ehe ging ein Sohn hervor.
Wenzel Rossmeisl war ein vielseitig begabter Mensch, kreativ, weltoffen und voller Tatendrang. Er verstand es, wie kein anderer in diesem Genre, seine Visionen und Ideen anderen zu vermitteln und sie in die Tat umzusetzen. All diese Eigenschaften, gepaart mit einem ausgeprägten Geschäftssinn und einer gesunden Portion Geiz waren die Grundlage für seine außerordentlichen Erfolge.
ROGER RAIMOND ROSSMEISL
Einziges Kind von Wenzel und Elisabeth Rossmeisl, ist in Berlin und Schönbach aufgewachsen und hat eine Lehre mit anschließender Meisterprüfung zum Gitarrenbauer absolviert. Er wanderte im Jahre 1953 in die USA aus und erwarb die amerikanische Staatsbürgerschaft, was den Verlust der deutschen Staatszugehörigkeit zur Folge hatte.
Ende der 60er Jahre hatte er sich bei einem Autounfall schwere Kopfverletzungen zugezogen. Eine längere Arbeitsunfähigkeit und bleibende gesundheitliche Schäden waren die Folge und beschleunigten den sozialen Abstieg. Wie vor seinem Weggang aus Deutschland hatte Roger einen großen Berg von Schulden angehäuft. Nach der Scheidung war er mittellos und es blieb ihm nur der Weg zurück in seine alte Heimat. Seine Mutter, die für einen winzigen Teil seiner früheren Schulden aufgekommen war, bezahlte das Flugticket. Die fehlende deutsche Staatsbürgerschaft machte es Roger noch schwerer in seinem Heimatland Arbeit zu finden. Er arbeitete zeitweise als Verkäufer bei KaDeWe in Berlin. KaDeWe (Kaufhaus des Westens) war das größte Kaufhaus Berlins in der Tauentzienstraße.
Roger starb am 16.03.1979 im Alter von nur 52 Jahren.
Es existiert ein US-Patent von Roger vom Dezember 1968 über eine spezielle Ausführung einer Solid Body Gitarre.
Im Jahre 1970 wurde das von Roger Rossmeisl für Fender angemeldete MICRO-TILT-NECK patentiert.
STATIONEN IN WENZEL ROSSMEISLS LEBEN
1902 | am 28. Juni in Kiel geboren |
1907-15 | Besuch der katholischen Knabenschule in Kiel |
1915-22 | Lehre und Beschäftigung in der Werkstatt seines Vaters |
1927 | Geburt seines Sohnes Roger Raimond, am 05.August Beginn der Entwicklung von Schlaggitarren |
1930 | Gewerbeanmeldung – Bau und Vertrieb von Jazzgitarren |
1936 | erste Ausstellung der ROGER Jazz- und Hawaiigitarren auf der Messe in Leipzig |
1940-45 | Kriegsdienst und britische Gefangenschaft in Norwegen |
1945-46 | kurzfristige Tätigkeit bei A. HOYER; nebenbei Aufbau der Werkstatt in Berlin, Lutherstr. 27. Entwicklung der ersten doppelhalsigen Hawaii-Gitarre im Sommer 46 baut Roger Rossmeisl den ersten Tonabnehmer aus Teilen von Wehrmachtskopfhörern an die ROGER-STANDARD von Coco Schumann. Entwicklung der weltweit ersten Gitarre mit tiefem Cutaway, Mod. Roger Super Special |
1947 | Weltpremiere von Neuentwicklungen der Firma ROGER auf der Leipziger Frühjahrsmesse Folgende Neuheiten werden vorgestellt: – Gitarre 16,5 Inch, Decke und Boden gewölbt, tiefes Cutaway – Tonabnehmer für die Erstausstattung und zum nachträglichen Anbau. – Hawaii-Gitarren, Tonabnehmer und Verstärker |
1948 | Entwicklung des German Carve bei einschichtigen Decken und Böden am 16,5 Inch-Modell Eröffnung der Werkstatt in der Lützowstraße 69 in Berlin, am 21. Juni 1948. Übernahme der Werkstatt von Peter Harlan in Markneukirchen |
1949-50 | Entwicklung eines 17 Inch Modells mit German Carve, Cutaway und mehrschichtigen Decken und Böden. |
1951 | Verhaftung von Wenzel auf der Frühjahrsmesse in Leipzig und Verurteilung zu 4 Jahren Zuchthaus wegen Devisenvergehens. Der Betrieb in Markneukirchen wird enteignet. |
1951-54 | Häftling im Zuchthaus Waldheim. Dort arbeitete er als Möbeltischler. Am 15. September 1953 wandert sein Sohn Roger Raimond nach Amerika aus. Die Werkstatt in Berlin wird zum 30. September desselben Jahres geschlossen. |
1954 | Nach der vorzeitigen Entlassung aus dem Zuchthaus, im Zuge einer Amnestie des Präsidenten Wilhelm Piek, im März, 4 Wochen Aufenthalt in Berlin. Im April, zweite Ehe mit seiner langjährigen Partnerin und Mitarbeiterin Marianne Rorarius Am 06. Mai nach Hamburg umgezogen. Dort ist er, ab 01. Juni, 1 Monat lang, Gitarrist bei der Kapelle Walter, die im Faun in Hamburg spielt. Ab 01. August Auftritt auf der großen Freiheit mit eigener 6 Mann Band. Am 01. Oktober Umzug nach Holland wo er, zusammen mit einem ehemaligen Kunden, (sein Cousin in Tilburg?) eine neue Firma gründen möchte. |
1955 | Zwischenzeitlich ist WR als Gitarrist unter anderem bei Radio Hilversum tätig. Zum 01. September pachtet er eine komplette Schreinerei in Mittenwald und eröffnet seine neue Werkstatt für den Bau der ROGER-Gitarren. |
1959 | Erteilung eines Patents zur Herstellung u. Bearbeitung von Decken u. Böden für Gitarren |
1959 – 60 | Umzug in die neuerbaute Firma nach Neumarkt St.Veit in Oberbayern. |
1964 | Besuch seines Sohnes Roger in Los Angeles im Dezember. |
1965 | Neueröffnung eines Ladengeschäfts in München in der Hohenzollernstraße 58. |
1968 | Verpachtung des Betriebs an den Geigenbaumeister Helmut Buchsteiner |
1969 | Ausstieg von Helmut Buchsteiner aus dem Pachtvertrag zum Jahresende |
1970 – 71 | Schließung der Firma in Neumarkt-St.Veit und des Ladengeschäfts in München |
1975 | Am 03. April starb Wenzel Rossmeisl, im Alter von 73 Jahren in München. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Nordfriedhof, Grab Nr. 164 |
ROGER-GUITARREN – ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG
Als 1923 in den USA die legendäre GIBSON-Jazzgitarre L5, von Lloyd Loar, die Welt zu erobern begann, erkannte WR sofort, dass dieses neue Instrument die Musikwelt revolutionieren würde. Es dauerte nicht lange bis Wenzel selbst Besitzer eines solchen Modells war. Ihn faszinierte der Klang ebenso wie die Konstruktion und er begann darüber nachzudenken wie man dieses Instrument noch verbessern könnte.
Wenzel Rossmeisl war besessen von dem Gedanken, Jazzgitarren, nach amerikanischem Vorbild, in Deutschland zu bauen und unter seinem Namen zu vertreiben.
Für dieses Vorhaben brauchte er aber einen passenden Firmennamen unter dem er seine Produkte weltweit anbieten konnte und ROGER war genau das richtige Logo. Der Name ROGER ist multinational und gleichermaßen in Europa wie in Übersee bekannt und es ist naheliegend, dass er den Namen seines Sohnes im Hinblick auf dieses Vorhaben ausgewählt hat. –Marketing par excellence –
Da ihm jedoch die handwerklichen und fertigungsbedingten Voraussetzungen dafür fehlten, beauftragte er einen erfahrenen Gitarrenbauer, die Instrumente, nach seinen Vorstellungen, zu produzieren. In Franz Hirsch, Gitarren- und Lautenmacher aus Schönbach, fand er den geeigneten Hersteller. Den Vertrieb nahm Wenzel selbst in die Hand. Bei der Herstellung seiner Instrumente, war WR zeitweise dabei und so erlernte er sehr schnell die notwendigen handwerklichen Fertigkeiten.
Informationen über Franz Hirsch
- Franz Hirsch, geb. 02.08.1879 in Neubistriz bei Budweis
- Umsiedlung 1891 nach Schönbach
- Gitarren u. Lautenmacher
- Lehrmeister Franz Brückner, Schönbach
- Goldmedaillen in Komotau 1913
- Selbständig ab 1920 in Schönbach, Bahnhofstraße 440
- Vertrieben 1946 nach Tennenlohe, später umgezogen nach Bubenreuth
- hat Roger Rossmeisl, Gustav Glassl und Anton Neubauer ausgebildet
- war Prüfungsmitglied in verschiedenen Körperschaften
- gestorben 1964 in Bubenreuth
ROGER GUITARREN VON 1930 – 1940
Alle vor dem Krieg hergestellten ROGER- Gitarren stammen aus der Werkstatt von Franz Hirsch in Schönbach. WR hatte sehr genaue Vorstellungen bezüglich der Ausführung der Instrumente. Die Gitarren sind symmetrisch, haben gewölbte Decken und Böden und sind in der Form der Gibson L5 nachempfunden. Mit 16,5 Inch ist der Korpus allerdings etwas kleiner als die L5. Getreu dem Vorbild haben sie keinen Nullbund. Der Halsfuß ist konisch und sie besitzen eine Kopfplatte aus Ebenholz mit Intarsien plus ROGER-Schriftzug in Perlmutt. Bevorzugte Griffbrettauflage ist Ebenholz mit 6 bis 7 Einlagen + Verzierungen, je nach Modell. Die Einlagen sind vorzugsweise aus Perlmutt. Alle Modelle haben F-Löcher und eine symmetrische Kopfplatte, mit Ausnahme des Top-Modells SUPER, das tropfenförmige Schalllöcher und eine unsymmetrische Kopfplatte besitzt. Alle Instrumente aus dieser Zeit sind kastanienbraun-schattiert lackiert.
Es gibt folgende Modelle: Amateur, Standard(t), Luxus und Super
Katalogbild AMATEUR / STANDARD
Katalogbild LUXUS
Katalogbild SUPER
Seine geräumige Wohnung, in einem Eckhaus in der Motzstraße, benutzte WR zur Abwicklung seiner Geschäfte. Wenzel unterhielt dort ein umfangreiches Lager an verschiedenen Hölzern und Zubehörteilen. Dort empfing er auch seine Kunden und komplettierte die Instrumente, entsprechend deren Wünschen.
Mit dem Beginn seiner Selbstständigkeit, im Jahr 1930, mietete WR Räumlichkeiten in einem Hinterhof in der Lutherstraße 27, die er hauptsächlich als Lager, für die von Franz Hirsch angelieferten Instrumente und Komponenten, benutzte. Gleichzeitig war dies seine Geschäftsadresse, die auch auf den eingeklebten Etiketten aufgedruckt war, welche 1930 erstmals eingeführt wurden.
ROGER Standard von Coco Schumann
Diese kastanienbraun schattierte STANDARD ist vor dem Krieg gebaut worden. Eine genauere Bestimmung des Herstelldatums ist leider nicht möglich, da die Seriennummer nicht bekannt ist. Coco erwarb sie von einem Schwarzmarkthändler zum Preis von 5000 RM. Im Sommer 1946 wurde sie von Roger Rossmeisl mit einem elektrischen Tonabnehmer ausgerüstet. Auf Bildern aus dem Jahre 1947 erscheint die Gitarre in einer neuen blonden Lackierung. Jahre später wurde sie noch einmal restauriert und erhielt ein kirschtonfarbiges Aussehen. Im April 2006 wurde sie an einen bekannten Sammler und Entertainer aus Kanada verkauft.
Coco mit kastanienbraun schattierter ROGER Quelle: Peter Strasser
Coco mit gleicher Gitarre, blond lackiert,
im Rex-Casino 1947 Quelle: Internet
ROGER Standart Nr. 133
Von diesem Vorkriegsmodell gibt es außer umfangreichem Bildmaterial auch eine detaillierte Maßtabelle.
ROGER Stromlinie Nr. 301
Diese ROGER, in absolut originalem Zustand, ist aus historischer Sicht von allergrößter Bedeutung. Sie wurde während des 2. Weltkriegs, von einem deutschen Soldaten in Norwegen verkauft und ist heute noch im Besitz des Sohnes des Käufers, der in Norwegen lebt.
Der Soldat, der die Gitarre verkaufte, war kein geringerer als Wenzel Rossmeisl selbst. Dieser befand sich zu diesem Zeitpunkt in Kriegsgefangenschaft in Norwegen. Die Gitarre, Baujahr 39, spielte WR schon vor der Einberufung zur Wehrmacht und sie begleitete ihn auch während des Krieges. (Siehe Bildergalerie Nr. 168, 169) Mit diesem Instrument hat WR, während der Gefangenschaft, seinem deutschen Kameraden, Karl Lohmann, das Gitarrenspiel beigebracht, das dieser nach seiner Heimkehr zum Beruf machte. Das Bild Nr. 70 in der Bildergalerie zeigt Karl Lohmann zusammen mit seiner Band.
Aber noch in einer anderen Hinsicht sollte dieses Instrument Berühmtheit erlangen:
Es ist das Ausgangsmodell für die Entwicklung der ersten Jazzgitarre mit tiefem Cutaway, kurz nach Kriegsende. Die Adresse „Berlin, W. 62. Lutherstr. 27“ auf dem Label ist, in gleicher Weise wie bei der Nr. 133, durch Übermalen unkenntlich gemacht. Warum dies geschah, darüber kann im Moment nur spekuliert werden.
Bilder von weiteren Vorkriegsmodellen und von der Messe 1939
Modell Standard Nr. 50
Quelle: MK
Modell Super Nr. 200 Quelle: Arjen Ehlers
Modell Standard Nr. 273 Quelle: Lacquercracks
Modell Super Nr. 280 Quelle: Feiner
Frühjahrsmesse 1939 in Leipzig
Quelle: Thomas Buhé
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