KAPITEL 3   MITTENWALD / NEUMARKT ST. VEIT

ÄRA MITTENWALD 1955 – 1960

Die Zeit von März 1954 als WR aus dem Zuchthaus entlassen wurde, bis zur erneuten Firmengründung am 1. September 1955, ist bereits in der chronologischen Abfolge von Wenzels Leben ausreichend dokumentiert.  Erwähnenswert an dieser Stelle ist der absolute Wille und der unerschütterliche Glaube von Wenzel Rossmeisl und seiner zweiten Frau Marianne, noch einmal eine  Werkstatt für den Bau von ROGER-Guitarren zu eröffnen.

Bereits einen Monat nach dem Wiederbeginn verlassen die ersten Instrumente die Fertigungsstätte.

Ende der 50er Jahre waren 7 Mitarbeiter in der Werkstatt in Mittenwald tätig, darunter der gelernte Geigenbauer Adolf Feil (ab 1956)

Nachfolgend eine Auflistung aller Änderungen, betreffend die Konstruktion und das Design:

1) Alle Modelle haben, bis auf ganz wenige Ausnahmen, ein venezianisches Cutaway.

2) Die F-Löcher sind nochmals verbreitert worden

3) Neues Label 

Das neue Label trägt das Mittenwalder Logo.  Als Schrifttyp wurde sans-serif gewählt, im Gegensatz zur Fraktur-Schrift bei den früheren Berliner Zetteln.

4) Die gesamte Hardware kommt nunmehr aus Westdeutschland

5) Änderung des Halsprofils

Im Gegensatz zur früheren D-Form weist der Hals mit Beginn der Mittenwalder Produktion ein annähernd kreisförmiges Profil auf.  Dieses wurde jedoch schon vor der Verhaftung von WR entwickelt. Auf dem Foto aus der Werkstatt in der Lützowstraße, im Jahre 1952, ist eine Gitarre mit diesem Feature zu sehen.

6)  Wegfall der trapezförmigen Einlagen für das Logo

7)   Saitenhalter mit R-Design

Genau wie bei der Entstehung der ROGER-Guitarren, standen auch hier die Hersteller von noblen Instrumenten jenseits des großen Teichs Pate.  Und so besteht das neue Design aus einer Kombination von Stilelementen, die bei Guild und Rickenbacker zu finden sind. Das neue Design ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von Roger und Wenzel, die sich wieder versöhnt hatten.

Saitenhalter neu, Luxus-Ultra Nr. 2987        Quelle: HR

8)   geändertes Label

Gegen Ende der Mittenwald Ära wurden neue Labels gedruckt. Der Text präsentiert sich von nun an in serifer Schrift. Diese Etiketten wurden auch nach dem Umzug in die neue Fabrik in Neumarkt St. Veit verwendet. In der Folge hat man dann die neue Firmenanschrift mit einem blauen Stempel nachträglich aufgedruckt.

ÄRA NEUMARKT ST. VEIT  1960 – 1968

Ausschlaggebend für die Entscheidung eine neue Fertigungsstätte zu bauen war die Zusammenarbeit mit Oliviero Pigini, dem Inhaber von GIEMMEI und späteren Gründer von EKO.

Chronologie der Zusammenarbeit von WR mit Oliviero Pigini:

1956-1960WR ist Berater für GIEMMEI. Er organisiert unter anderem den Vertrieb von Gitarren der Firmen HÖFNER und KLIRA, sowie Schlagzeuge der Marke ROXY und LEFIMA durch GIEMMEI in Italien
1960–1965WR ist Berater von EKO in Sachen Technik und Design
1963-1975     WR ist EKO-Importeur in Deutschland
1967Mit dem Tod von Oliviero Pigini endet die offizielle technische Beratung

Entgegen manchen Vermutungen wurden nie ROGER-Guitarren, oder Teile davon, in Italien hergestellt.

Ausführliche Informationen über EKO, den Gitarrenbau in Yugoslawien, sowie die Verbindung zu Wenzel Rossmeisl, gibt es hier:   

Der Umzug in das neue Werk in Neumarkt St. Veit begann 1959 und dauerte fast ein Jahr. Schrittweise wurden Maschinen und Material in die neue Fertigungsstätte transportiert, sodass ohne nennenswerte Verzögerung mit der Produktion einzelner Komponenten begonnen werden konnte. Manche Mitarbeiter waren zeitweise an beiden Standorten tätig.  Als der Umzug beendet war, wurde die Niederlassung in Mittenwald geschlossen.

Die Zeit bis 1962 kann als die GOLDENE ÄRA in der Firmengeschichte bezeichnet werden.  Die ROGER-Guitarren waren gefragt und Wenzel verdiente als Manager und Berater bei EKO viel Geld. Dazu kamen die Erträge aus den Zulieferteilen, die in Neumarkt St. Veit für EKO produziert wurden.  Ab 1962,  als die FENDER Welle Deutschland voll erreicht hatte,  gingen die Umsätze mit den ROGER-Guitarren drastisch zurück.  Kein Problem für Wenzel, der fortan TELE- und STRATOCASTERS in großen Mengen importierte und mit sattem Gewinn verkaufte. 

An den ROGER-Guitarren hat sich während der Zeit  in Neumarkt St. Veit folgendes geändert:

1)   Modell SUPER mit F-Löchern und teilweise geänderten Griffbretteinlagen

Das Top Modell SUPER besaß seit Anbeginn tropfenförmige Schalllöcher.  In Neumarkt St. Veit wurde mit dieser Tradition gebrochen.

Ab diesem Zeitpunkt gibt es die SUPER ausschließlich mit F-Löchern. Die übrigen Merkmale blieben erhalten. Der Grund für diesen Stilbruch ist in der konsequenten Rationalisierung der Fertigungsabläufe zu suchen. Bei der Herstellung der maßgleichen Rohdecken gab es bisher zwei Produktlinien:  Eine mit F-Löchern, die andere mit tropfenförmigen Löchern. Das traf in gleicher Weise auch für die Lagerung der Komponenten und den Zusammenbau der Korpusse zu.  Mit Einführung dieser Änderung gab es keine Unterschiede mehr in der Herstellung der Rohkörper. Das Ergebnis war eine deutliche Einsparung an Produktionskosten. Kostensparenden Effekt hatte auch die Änderung der Griffbretteinlagen, beginnend mit dem zwölften Bund. Bedingt durch die, mit zunehmender Bundzahl, abnehmende Blockhöhe der Einlagen, war die diagonale Trennung der Einlagen und deren Einbau in das Griffbrett ein diffiziler und zeitaufwendiger Arbeitsprozess.  Fortan entfällt die diagonale Teilung der Einlagen von Bund 12 bis 17.  Der Block in Bund 12 wird in 3 Rechtecke aufgetrennt, während die restlichen Einlagen mittig geteilt sind.        

2)   Einheitliche Form für symmetrische Kopfplatten – wie Modell ELECTRIC 

Kopfplatte neu, Ausf. D2       Quelle:            HR

3) Die Hälse haben mehrheitlich eine Metallschiene oder eine einstellbare Gewindestange. Die ersten Hälse mit Metallschienen tauchen jedoch bereits 1959 auf

4)   Die Griffbretter sind nun mehrheitlich aus Ebenholz

5)   Die Griffbretteinlagen aller Modelle, außer JUNIOR, sind nun wieder aus Perlmutt

6)   Neue Modellvarianten  JUNIOR und LUXUS SPECIAL  1960/61

Das Modell JUNIOR gibt es jetzt in einer preiswerteren Ausführung.  Decke und Boden sind gewölbt und aus gepresstem Holz.  Lieferant ist die Firma Kollitz.

Die LUXUS SPECIAL wird neu aufgelegt.  Es gibt sie nun auch als SEMI mit laminierten, gewölbten Decken und Böden.

Junior-Ca, gepresst, gewölbt Quelle: MK
Luxus-Special, gepresst, gewölbt      Quelle:  Buchsteiner

7)  Einführung der SOLID BODY GUITAR,  die auch als Bass erhältlich ist.

8)  Einführung eines neuen Logos aus Plastik

Plastiklogo Relief schwarz/gold, Junior-Ca  Quelle: HR
Plastiklogo Relief weiß/gold, Standard-Ca Nr. 3449            Quelle: HR


DIE ZEIT VON 1965 BIS ENDE 1969

Im Jahr 1965 eröffnete WR ein Ladengeschäft in der Hohenzollernstraße 58 in München. Dieses wurde von 1966 bis 1969 von Adi Feil, einem Geigenbaumeister, der schon von 1956 bis 1961 bei der Firma ROGER tätig gewesen war, geführt.  Der Verkauf der ROGER-Guitarren war zu diesem Zeitpunkt stark zurückgegangen und Wenzel, inzwischen 63 Jahre alt, befasste sich von diesem Zeitpunkt an mit der Suche nach einem Nachfolger für seinen Betrieb in Neumarkt St. Veit.

Bild 231 Ladengeschäft in München, WR, Marianne, Olivieri Pigini und Thomas Lo Duca, Quelle: Dress

Im Jahr 1967/68 wurden 12 einfache, klassische, gut klingende Gitarren von Anton Sandner in Baiersdorf gebaut, die allesamt über das Münchner Geschäft verkauft wurden.

Die Konzertgitarren gibt es in 4 Ausführungen,  von Classic I bis Classic IV, wobei Ausführung I die preiswerteste Variante ist. Ein weiterer Zulieferer dieser Modelle war die Firma Grünert in München. Herr Horst Grünert berichtet, dass die von ihm gebauten Gitarren hauptsächlich in die USA gingen.

Bild 54 Classic I 69828 Anton Sandner  Quelle: ebay
Bild 54a Classic IV Anton Sandner  Quelle: Schwall

Im Katalog des Münchner Ladengeschäfts, aus dem Jahre 1968, sind weitere Gitarrenmodelle aufgeführt, die von externen Herstellern geliefert wurden:

Katalog 1968  Quelle: Heinrich Otruba 

Wappengitarre  Roger-Spezial-Modell 6

Roger Special  A6 Nr. 6891  Quelle: Heinrich Otruba

Dieses Modell wurde von Helmut Buchsteiner, nach dessen Übernahme der Fabrik in  Neumarkt St Veit, gebaut und über das Ladengeschäft in München vertrieben.

Roger-Western-Gitarren

Roger-Ranger 6  Quelle: Stefano Aria

Erst in den späten 60er Jahren bezog WR von der Fa. MELODY einige Westerngitarren mit ROGER-Hardware, die über das Ladengeschäft in München verkauft wurden. Wenzel Rossmeisl kannte den jugoslawischen Gitarrenbauer und Mitbegründer von MELODY, Branko Kapitanovec, seit mehreren Jahren. Dieser entwickelte bereits 1963 ein Halsverstellsystem, das 7 Jahre später von Roger Rossmeisl, bei FENDER, unter dem Namen MICRO-TILT-NECK patentiert wurde. Mitarbeiter von MELODY erinnern sich an einen Besuch von Wenzel und Roger Rossmeisl in der Firma im Jahr 1963.

FENDER-MICRO-TILT-NECK  Quelle: Internet

Ab 15. Januar 1968 verpachtete Wenzel Rossmeisl die Firma in Neumarkt St. Veit für 4000 DM pro Monat an den Geigen- und Gitarrenbaumeister Helmut Buchsteiner. Unter der Regie von Helmut Buchsteiner wurden nur wenige ROGER-Guitarren verkauft. Das Hauptgeschäft bestand im Verkauf von importierter Ware und in der Reparatur alter Instrumente. Anbei ein Bild einer der wenigen, unter dem ROGER-Label vertriebenen Gitarren. Sie trägt die Seriennummer 69 02 24. Im Gegensatz zur fortlaufenden Nummerierung unter Wenzel Rossmeisl, gab die Seriennummer bei Buchsteiner Auskunft über das Herstellungsdatum, in diesem Fall der 24. Februar 1969. 

Auf eine diesbezügliche Anfrage teilte mir Herr Buchsteiner folgendes mit:

Originaltext der e-Mail vom 30.03.09

Hallo Herr Rittinger,
Diese Roger Gitarre habe ich vermutlich 1968 oder 1969 gebaut. Damals habe ich die besten vorgefertigten Teile verwendet und mich bei den Modellangaben nach dem Preis der Roger - Preisliste gehalten. Der Steg ist ein EKO-Rollensteg und der Tonabnehmer ein De Armond, diese kaufte ich, wie Rossmeisl, direkt in USA und vertrieb diese in Deutschland, zum Beispiel belieferte ich Artur Lang. Der Zettel ist der Roger-Zettel schon mit Neumarkt- St.Veit Aufdruck. Leider kann ich den Zettel nicht lesen, aber es müßte in der Serien Nummer 68 oder 69 enthalten sein, auch habe ich den Zettel signiert mit HB oder HBuchsteiner.
Bild 62        Super-Ca mit F-Löcher Nr. 69 02 24 von Buchsteiner   Quelle: Harto S.H.

Der Pachtvertrag endete zum Jahresende 1969 im Unguten.  Mit der Auflösung des Betriebs wurde auch der Rest der noch vorhandenen Rohkomponenten wie Decken, Böden, Zargen und Hardwareteile veräußert. Ein Abnehmer war die Firma AMC, die unter dem Namen HOYER Archtops herstellt, die aus alten, originalen ROGER-Teilen  bestehen.

Und hier endet die Geschichte der ROGER-GUITARREN.  Der von Wenzel Rossmeisl eingetragene Markenname ROGER ist wegen Nichtbenutzung verfallen.  Was bleibt,  ist der unvergängliche Ruhm von Instrumenten, die ihrer Zeit einen unverwechselbaren Stempel aufgedrückt haben.

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KAPITEL02   BERLINER ZEIT / GERMAN- CARVE / MARKNEUKIRCHEN

DIE BERLINER ZEIT 1945 – 1947

Sofort nach Kriegsende war Wenzel Rossmeisl, für ca. 9 Monate bei A. HOYER in Bubenreuth tätig, wo er die erste doppelhalsige Hawaii-Gitarre entwickelte.  Wenzel war während dieser Zeit nur sporadisch in Bubenreuth anzutreffen denn er war gleichzeitig mit dem Aufbau seiner eigenen Produktion beschäftigt.

Der erste Angestellte von WR war sein Sohn Roger, welcher nach dem Ende des Krieges, in der Werkstatt von Franz Hirsch die neuen ROGER-Gitarren endmontierte, während sein Vater auf dem Schwarzmarkt mit Materialen handelte, die für die Herstellung von Zupf- und Streichinstrumenten dringend benötigt wurden. Auf diese Weise kam Wenzel zu Geld, das er dringend für seine eigene  Fertigung benötigte.

Die ersten nach dem Krieg entstandenen Gitarren mit dem Label „Berlin Lutherstraße 27“, entsprechen, mit Ausnahme der vergrößerten F-Löcher, exakt den Vorkriegsmodellen.

Alle Gitarren mit gewölbtem Korpus wurden von Franz Hirsch hergestellt.

Die schwarzen Spatzen 1946
Quelle:   Thomas Buhé

Herbstmesse 1947 in Leipzig
Quelle:   Thomas Buhé

ENTWICKLUNG IN DEN JAHREN 1946 / 50

Die größten Entwicklungsschritte in der Geschichte der ROGER-Guitarren fanden im Zeitraum 46 bis 50 statt:

Modell 16,5 Inch mit tiefem Cutaway

Bereits bei der Erstellung der ersten Ausgabe meines ROGER- Artikels, im Juli 2009, ist mir bei der Sichtung des Bildmaterials eine weiße Gitarre aufgefallen, die WR am 3. Sept. 1947, anlässlich einer Session bei Dr. Bohrmann gespielt hat. Diese Gitarre mit den tropfenförmigen Schalllöchern ähnelt dem Modell SUPER, aber es hat den Anschein, dass die Decke gewölbt ist. Der Ausschnitt und die Korpusspitze  weisen eine etwas andere Form auf, als die bekannten Modelle. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Erklärung für diese Ungereimtheiten. Dies änderte sich schlagartig, als ich kurze Zeit nach der Veröffentlichung meines Artikels, Bilder von 3 Gitarren zugeschickt bekam, von denen der Absender behauptete, dass es sich um originale ROGER-Guitarren handelt. Eine davon hatte ein tiefes Cutaway, Decke und Boden waren gewölbt und sie hatte auf der Kopfplatte das typische ROGER-Logo.  Auf der Bodeninnenseite war das Berliner Label eingeklebt auf dem die Modellbezeichnung „Super Spezial  Nr. 401“ eingetragen war. Zuerst einmal war ich misstrauisch, aber dann erinnerte ich mich plötzlich an jene weiße Unbekannte von der Bohrmann Session und siehe da, es war genau das gleiche Modell. Als ich Thomas Buhè auf diese Entdeckung ansprach, stellte sich heraus, dass die weiße ROGER von 1947 sich unter den 10 Gitarren befunden hatte, die dieser auf der Frühjahrsmesse 1951 vor dem Zugriff der Stasi in Sicherheit gebracht hatte.  An das ungewohnte, tiefe Cutaway und die helle Lackierung konnte er sich noch gut erinnern. Als er seinerzeit Marianne Rossmeisl auf die ungewöhnliche Gitarre ansprach, bekam er als Antwort, dass es sich bei dieser um ein äußerst wichtiges Versuchsmodell handle.

Dank der unzähligen Bilder und Dokumente, aus dem persönlichen Verlass von Marianne Rossmeisl, die ich im April 2014 in die Hände bekam, konnte nun das Geheimnis um diese mysteriöse Gitarre gelüftet werden. Im Jahre 1939, also zu Beginn des 2. Weltkriegs, hatte Lloyd Loar bei GIBSON, mit seiner L5 P wieder einmal für Furore gesorgt. Die L5 P war die erste Archtop mit einem venezianischen Cutaway. Dank dieser genialen Erfindung wurde die  Bespielbarkeit des Griffbretts in den hohen Lagen deutlich verbessert.

Wenzel Rossmeisl, selbst einer der besten Jazzgitarristen seiner Zeit, war begeistert von dieser Neuheit. Für ihn gab es überhaupt keinen Zweifel, dass er seine Gitarren künftig mit einem Cutaway ausrüsten würde. Der Krieg verhinderte zunächst jedoch jegliche Aktivitäten, aber sofort nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft begann WR, dieses Projekt in die Tat umzusetzen. Dazu benutzte er das bisherige 16,5 Inch Modell als Basis. Das Cutaway wollte er nicht sklavisch übernehmen. Es sollte so tief wie nur möglich sein, um noch weiter mit der Greifhand nach vorne zu kommen. Darüber hinaus sollte sich seine Ausführung auch optisch vom Original unterscheiden.

Wie schon die Jahre zuvor, war Franz Hirsch für die praktische Umsetzung dieser Weiterentwicklung verantwortlich. Dieser war nach dem Krieg, wie die meisten Gitarrenbauer aus dem Osten, in den Westen geflohen. Seine Werkstatt in Schönbach, die auch die Produktionsstätte von Wenzels ROGER GUITARREN war, wurde von den Tschechen beschlagnahmt. In Tennenlohe und später in Bubenreuth fand FH eine neue Heimat. In der Folge wurden mehrere Gitarren mit tiefem Cut von Franz Hirsch gebaut und nach Berlin geliefert. WR hat diese Neuentwicklung bei seinen meisten Auftritten 47/48 gespielt und sie wurde 1947, auf der  Nachkriegsmesse in Leipzig, präsentiert.

Leider ist diese hervorragende Entwicklung bei ROGER nie in Serie gegangen, weil Wenzel sich für die Fertigung seiner, zur selben Zeit entwickelten Modelle mit German-Carve, entschieden hatte. Das German-Carve-Fertigungsverfahren erst machte ihm die eigenständige Produktion seiner Instrumente, mit vergleichsweise geringem Arbeits-und Investitionsaufwand möglich. Dazu eröffnete er 1948 in Berlin, in der Lützowstraße 69, eine eigene Werkstatt. Die Produktion der gewölbten SUPER-SPEZIAL hätte nicht ins eigene Fertigungsprogramm gepasst.

Ab dem Zeitpunkt wo WR seine Geman-Carve Modelle selbst produzierte, war die Zusammenarbeit mit Franz Hirsch beendet. Die Trennung erfolgte nicht im besten Einvernehmen. WR musste wohl oder übel FH die Nutzerrechte an diesem Modell einräumen, da dieser nicht unwesentlich an der Entwicklung beteiligt gewesen war. So konnte FH dieses Gitarrenmodell anderen Gitarrenbauern anbieten. Mit durchschlagendem Erfolg, wie sich bald herausstellte, denn alle namhaften Hersteller haben dieses Modell in ihr Programm aufgenommen. Die Firma A. Hoyer zählte wohl zu den ersten Abnehmern, denn in deren Katalog von 1948 ist dieses Modell bereits aufgeführt. Es ist davon auszugehen, dass ein guter Teil der frühen Modelle aus der Werkstatt von FH stammen.

Die von A. Hoyer vertriebenen Instrumente wurden zum großen Teil von Gustav Glassl gebaut. Dieser hatte seine Lehre bei FH zu Kriegsbeginn abgeschlossen und arbeitete nach dem Krieg, bis 1949, bei der Firma Hoyer, die er auch nach dem Beginn seiner Selbstständigkeit, im Jahre 1950, belieferte. Ein Indiz für die Arbeit von Glassl sind die Ausrundungen der tropfenförmigen Schalllöcher an deren Spitzen. Das Prinzip der Verringerung der Kerbwirkung durch scharfe Ecken und Kanten, zum Schutze der Hölzer gegen Rissbildung hat Gustav Glassl von Artur Lang übernommen. 

Das Modell ROGER-SUPER-SPEZIAL ist das Referenzmodell aller nachfolgenden Kopien von anderen Herstellern.

Interessanterweise wurde dieses Design nur von Gitarrenbauern im Westen übernommen. Der Grund hierfür war, dass sich in Wenzel Rossmeisls Werkstatt in Markneukirchen, zum Zeitpunkt der Enteignung, kein solches Modell befunden hatte.

Außerdem hatten die neuen Verantwortlichen dort zunächst alle Hände voll zu tun, die Produktion und den Vertrieb in Gang zu bringen. Darüber hinaus wäre für solch ein Vorhaben eine völlig andere  Struktur bezüglich Fertigungseinrichtungen und Fachpersonal vonnöten gewesen.

Aber auch international bestand wohl kein großes Interesse an dieser neuen Bauart. Mir ist jedenfalls bis dato noch kein Exponat dieser Bauart z.B. aus Übersee bekannt.

Aus persönlichem Interesse habe ich mich angeboten, die Super Spezial Nr. 401 zu restaurieren.

Dadurch hatte ich die einmalige Gelegenheit dieses geschichtsträchtige Modell bis ins kleinste Detail kennen zu lernen. Die Geschichte dieser seltenen Gitarre, nebst Bildern und Daten, habe ich in einem Restaurationsbericht dokumentiert.

Fast alle Hersteller im Westen hatten diese Korpusform im Programm.

Hier einige der bekanntesten:

  • ALOSA Solist / Lux
  • BAUER Virtuose
  • FRAMUS Black Rose de Luxe / Missouri / Sorella / Royal
  • HOPF 319
  • HOYER A. Solist
  • HÜTTL Pique Dame
  • LANG Prämus / Mastro Arturo
  • NEUBAUER
  • PENZEL
  • VOSS

GUSTAV GLASSL war wohl der bedeutendste Hersteller dieser Bauform. Einige der oben aufgeführten Hersteller/ Vertreiber wurden von ihm beliefert.

Roger Super Spezial Nr. 401 restauriert von 1947      Quelle:   HR
Roger Super Spezial Nr. 401, Label                                                                       Quelle:  HR
 

Modell 16,5 Inch Non Cut mit German-Carve 1948

Der nächste bedeutende Schritt war die Entwicklung des GERMAN Carve. GERMAN CARVE ist ein Verfahren zur Herstellung von Decken und Böden aus planen Rohholzplatten, bei denen die Hohlkehle mittels eines Profilwerkzeugs ausgefräst wird. Der Name dieses Verfahrens stammt aus dem Englischen und bedeutet DEUTSCHE SCHNITZEREI. Über das Verfahren und seine Entstehung wird im übernächsten Kapitel ausführlich berichtet.

Modell 17 Inch mit German-Carve und venezianischem Cutaway 1949

Dieses Modell wurde 1949 entwickelt und ist eine Novität die sich in folgenden Punkten von den Vorkriegsmodellen unterscheidet:

  • Der Korpus ist mit 43,5 cm, um 1cm breiter, bei gleicher Länge und Zargenhöhe
  • Decke und Boden sind plan, die Hohlkehle ist ausgefräst (German Carve)
  • Auf die separate schwarze Kopfplatte mit Ziereinlagen aus Perlmutt wurde verzichtet. Die Optik der verleimten Hölzer, naturfarben lackiert, bestimmen das künftige Design. Am Kopfplattenende ist eine trapezförmige Plastikplatte ins Holz eingelassen in welcher das ROGER-Logo eingebettet ist.
  • Der Modellname AMATEUR wird durch den Namen JUNIOR ersetzt.
  • In diesen Zeitraum fällt auch die Einführung des parallelen Halsfußes und des venez. Cutaways.
  • Die Lackierung der Hälse ist nun einheitlich natur

GERMAN-CARVE – Historie

Die wohl am meisten beachtete Erfindung in der Entwicklung der Jazzgitarre ist, abgesehen von der Einführung des elektrischen Tonabnehmers, das von Wenzel Rossmeisl erstmalig angewendete und patentierte Verfahren zur Herstellung von ein-oder mehrschichtigen, parallelen Decken und Böden von Jazzgitarren. Sein Sohn Roger nahm dieses know-how mit nach Amerika, wo es unter dem Begriff  GERMAN-CARVE weltweite Berühmtheit erlangte. Seitdem ich damit begonnen hatte alte deutsche Schlaggitarren zu sammeln und zu restaurieren, beschäftigte mich die Frage, wie es zu dieser Erfindung kam.

Als Wenzel Rossmeisl nach dem Krieg wieder mit der Herstellung seiner Gitarren begann, lag Berlin in Trümmern. Es herrschte überall große Not. Selbst die einfachsten Dinge des täglichen Lebens waren nur sehr schwer zu beschaffen. Durch die kriegsbedingte Teilung Deutschlands und die Vertreibung großer Teile der Bevölkerung aus ihrer Heimat, gab es einen Überschuss an Fachkräften jeglichen Berufsstandes. Immer größere Schwierigkeiten traten jedoch bei der Beschaffung von geeignetem Tonholz auf. Der Absatz der Instrumente boomte und damit verschärfte sich der Mangel an brauchbarem Holz dramatisch. In dieser Zeit wurde alles verarbeitet was nach Holz aussah, egal ob es sich um Teile von alten Möbelstücken oder Holzpaneelen von ehemals luxuriösen Wohnungsausstattungen handelte. Selbst Buchenbretter mussten als Material für die Böden herhalten. Der Mangel an Rohlingen mit der erforderlichen Dicke war so groß, dass es keine andere Möglichkeit gab als den Boden einfach plan zu belassen.  Auf der verzweifelten Suche nach dem begehrten Rohstoff stieß WR auf eine völlig neue und überaus ergiebige Quelle. Bei einigen Holzhändlern im Vogtland und im alpenländischen Raum lagerte bestes Tonholz, das für die Herstellung von Resonanzböden für Pianos bestimmt war. Abnehmer für diese Hölzer gab es zu diesem Zeitpunkt so gut wie keine, denn wer konnte sich schon so kurz nach dem Krieg ein so teueres Instrument leisten?  Der Haken dabei war, dass die Holzplatten eine gleichbleibende Dicke von 7,5 mm hatten, für eine gewölbte Decke aber ungefähr 20 mm erforderlich sind. Der Gedanke, mehrere Bretter zusammenzuleimen lag nahe und war auch nicht neu, denn Sperrholz war zu jener Zeit schon bekannt.

Wenzel hatte mit Sicherheit Kenntnis davon, dass dieses Verfahren bereits patentiert war, denn um seine Gitarren künftig in der Art produzieren zu können, ohne bestehende Schutzrechte zu verletzen, musste er sich von diesen unterscheiden. Dies gelang ihm dadurch, dass er sich auf drei gleichsinnig verleimte Holzschichten beschränkte, in die am Rand eine Hohlkehle eingefräst ist. Dieses leicht abgewandelte Verfahren hat WR später dann selbst zum Patent angemeldet.

Mit dem Produktionsbeginn der Gitarren nach dem neuen Herstellungsverfahren endete die Zusammenarbeit mit Franz Hirsch.

GERMAN-CARVE – Beschreibung

Voraussetzung für die Herstellung von Decken und Böden nach diesem Verfahren sind parallele, ein- oder mehrschichtige Holzplatten von ca. 16-20 mm Dicke. Mittels einer Oberfräse wird  eine Hohlkehle mit 25 mm Radius und einer Tiefe von 7-10 mm, parallel zur Außenkontur ausgearbeitet. Die Randbreite nach dem Fräsen beträgt ungefähr 2 cm. Im nächste Schritt wird die Platte auf der Unterseite, ebenfalls mit einem Profilwerkzeug, in einem definierten Abstand zur vorhandenen Hohlkehle, auf eine verbleibende Dicke von ca. 6 bis 9 mm ausgefräst. Die endgültige Fertigbearbeitung der Außenseite von Decke und Boden erfolgt erst, nachdem der Korpus, inklusive Randstreifen, fertig verleimt ist.  Der Auslauf der Hohlkehle wird bis zum Beginn der Randzierleiste erweitert.

Bei ROGER war die Nachbearbeitung der gefrästen Kontur auf beiden Seiten reine Handarbeit die in der Regel von gelernten Geigenbauern durchgeführt wurde.

Eine genaue Vermessung der fertigen Decken- und Bodenprofile meiner 14 ROGER-Gitarren aus den verschiedensten Epochen lieferte recht unterschiedliche Ergebnisse, die zum Teil auch optisch deutlich wahrnehmbar sind. Adolf Feil, ein Geigenbaumeister aus Traunstein, der von 1956 bis 1961 bei ROGER tätig war, bestätigte, dass das Carving von den einzelnen Geigenbauern individuell gehandhabt wurde. Er selbst war ein Anhänger der weichen Kontur.

Das neuartige, geniale Verfahren zur Herstellung von Decken und Böden für Jazzgitarren hat zwei herausragende Eigenschaften:

  • erweiterte Nutzung und Einsparung von wertvollem Tonholz
  • geringere Herstellkosten gegenüber von Hand gestochenen oder kopier-gefrästen Decken u. Böden.

Aufgrund dieser Vorteile wurde dieses Herstellungsprinzip bei allen Instrumenten, also auch bei denjenigen mit einschichtigen Decken und Böden angewendet.

Im Bildarchiv von Norbert Schnepel, das dieser mir großzügig zur Verfügung gestellt hat, fand ich ein eigenartiges Exemplar einer JUNIOR.  Dieses Instrument wurde aus originalen ROGER-Teilen von fremder Hand zusammengefügt.  Leider hat der Erbauer auf die Fertigbearbeitung der Decke und des Bodens, aus Unkenntnis, oder aus Bequemheit? verzichtet.  Diese sind nämlich nur vorgefräst.  Die Kanten sind nur minimal verschliffen worden und so ist noch der plane, parallele, äußere Rand mit ca. 15 mm Breite vorhanden.  Der Rickenbacker- Saitenhalter verstärkt noch das ungewöhnliche Erscheinungsbild.

Mit der Einführung des German-Carve erfolgte eine nochmalige Vergrößerung der F-Löcher.

GERMAN-CARVE – Patente

Bereits im Jahre 1897 erhielt Dr. Johannes Moser aus Berlin ein Patent auf mehrschichtige Decken und Böden mit ausgekehltem Rand und im Jahre 1912 patentierte Wilhelm Steuer aus Berlin das Verfahren, Resonanzböden für Klaviere aus kreuzweise verleimten Furnierholzplatten herzustellen. Die vorgenannten zwei Patente erscheinen als Gegenhaltungen zum Stand der Technik in der Patentschrift von Wenzel Rossmeisl.

Da WR, bei der Vorstellung seiner Neuheit, auf der Frühjahrsmesse 1951 in Leipzig verhaftet wurde, konnte er die beabsichtigte Patentanmeldung nicht vornehmen. Dies tat er dann am 30.09.1955 nach seinem Neustart in Mittenwald. Seine Anmeldung wurde am 26. März 1959 patentiert.

Für WR hatte dieses Patent sicherlich nur einen werbewirksamen und immage-fördernden Effekt.

Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung im Patentwesen bin ich davon überzeugt, dass ein wirksamer Schutz vor Nachahmern zu keiner Zeit gegeben war. Im Falle einer Nichtigkeitsklage wäre das Patent, wegen Vorbenutzung, leicht zu kippen gewesen. Aus heutiger Sicht bestünden für Wenzels Anmeldung, wegen mangelnder Erfindungshöhe, nur sehr geringe Chancen auf ein Patent.  Ein Gebrauchsmuster wäre für mich schon ein Erfolg. Für die Prüfer des deutschen Patentamts galten kurz nach dem Krieg aber andere Maßstäbe.

DIE BERLINER ZEIT 1947 – 1951

Außer der in der nachfolgenden Rubrik „HÄLSE“ beschriebenen Rationalisierung bei der Halsproduktion sind, nach 1949 keine nennenswerten Veränderungen an den ROGER-Gitarren, in dieser Periode, passiert. Der Absatz boomte. Mit dem Umzug 1948 in die Lützowstraße 69,  waren die erforderlichen Voraussetzungen für das stark expandierende Unternehmen geschaffen.  In einem repräsentativen Ausstellungs- und Verkaufsraum hatte ROGER erstmals die Möglichkeit, sich angemessen zu präsentieren.

Die Verstärker kamen von der Firma Bremer.  Später wurden auch welche aus den USA importiert. Ausführliche Informationen über Tonabnehmer und Verstärker gibt es in dem Artikel über Roger Rossmeisl. 

Roger-Verstärker Quelle: Katalog

WERKSTATT IN MARKNEUKIRCHEN  

Zeitgleich mit dem Umzug von der Lutherstraße in die Lützowstraße 69, pachtete WR, im Jahre 1948, die Werkstatt des Instrumentenbauers und Lautenisten, Peter Harlan.  Die vorhandenen Holzbestände, vor allem Decken und Böden von Lauten und Gitarren wurden käuflich erworben. Sie waren, zu der Zeit, wo ein ungeheuerer Mangel an Tonholz herrschte, Wenzels wichtigstes Kapital. Die Filiale befand sich in Markneukirchen, Obere Straße 1, direkt am Marktplatz, mit Zugang im Hinterhaus. Wenzels Absicht war, die dort billigeren Fachkräfte, Werkstoffe und Zulieferkomponenten zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit den Gewinn zu optimieren lag in dem für ihn günstigen Wechselkurs der harten D-Mark zur schwachen Ostmark der DDR.  Als findiger und mit allen Wassern gewaschener Geschäftsmann nutzte WR alle sich ihm bietenden Möglichkeiten konsequent aus. Ein weiterer, wichtiger Grund für den Schritt nach Markneukirchen dürften auch die heftigen familiären Streitigkeiten gewesen sein. Schon vor Kriegsbeginn war WR aus der gemeinsamen Berliner Wohnung ausgezogen und wohnte seitdem mit seiner Mitarbeiterin Marianne Rorarius, die für ihn zwischenzeitlich geschäftlich und auch privat unersetzlich geworden war, in Markneukirchen, in der Breitenfelderstr. 16. Mit der örtlichen Neuorientierung fand eine radikale betriebliche Umstrukturierung statt. In kürzester Zeit wurde die gesamte Produktion nach Markneukirchen verlagert. Die Werkstatt in Berlin wurde fortan als Custom Shop und für Verkaufs- und Repräsentationszwecke genutzt. WR transportierte turnusmäßig die gefertigte Ware in seinem PKW mit Anhänger nach Berlin, von wo aus diese in den Verkauf gelangte. Die gesamte Hardware für alle Instrumente stammte aus Markneukirchen. Ehemalige Mitarbeiter aus der Ostfiliale  berichten von einem schwungvollen und sehr gefährlichen Schmuggel von Holz, Etuis, Plüsch, Bunddraht, Schelllack und sonstigem Zubehör.

DIE BERLINER ZEIT 1951 – 1953

Wie so oft im Leben waren auch hier, zum Zeitpunkt des größten Erfolges, bereits dunkle Wolken am Schicksalshorizont aufgezogen. Die zerbrochene Ehe mit seiner Frau Elisabeth, sorgte für andauernden Familienzwist.

Im Frühjahr 1951, auf der Leipziger Messe, schlug dann das Schicksal erbarmungslos zu.  Wenzel wurde verhaftet und wegen Vergehens gegen das Devisengesetz zu 4 Jahren schwerem Zuchthaus verurteilt. Sein gesamter Besitz in Markneukirchen wurde eingezogen. Die Enteignung erfolgte zu einem Zeitpunkt, als sich ein umfangreicher Exportauftrag von 200 Gitarren kurz vor der Auslieferung befand und das Lager prall gefüllt war mit fast fertigen Instrumenten, Halbfertigprodukten, Rohmaterial und Hardwarekomponenten.

Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass belastendes Material, das zur Verhaftung von WR führte, von seinem näheren Umfeld der Stasi zugespielt wurde.

Zum Zeitpunkt von Wenzels Verhaftung, waren folgende Mitarbeiter in Markneukirchen beschäftigt:

  • Roman Schuh – Geigenmacher, Zubehörteile-Verfertiger
  • Dieter Hense – Zupfinstrumentenbauergeselle
  • Wolfgang Übel – Zupfinstrumentenbauergeselle
  • Karl Keller, externer Mitarbeiter, fertigte auch Roger-ähnliche Modelle die T. Buhe für ihn verkaufte
  • Claus Voigt – kaufmännischer und organisatorischer Leiter

Zehn Gitarren, die Thomas Buhé auf abenteuerliche Weise vom Messestand retten konnte und zwei Koffer mit  persönlichen Habseligkeiten waren das gesamte Vermögen das Wenzel und seiner Marianne verblieben war. Die ausführliche Geschichte über dieses wagemutige Abenteuer kann man im Buch MEIN KALEIDOSKOP, von Thomas Buhé,  nachlesen.

Aus der ehemaligen ROGER-Filiale entstand, nach Zusammenlegung mit zwei weiteren enteigneten Werkstätten für Zupfinstrumente, ein Jahr später, die Firma MUSIMA.  Die neuen Besitzer haben nicht nur die Fabriken gestohlen, sie benutzten auch ungeniert die Mitarbeiter und das gesamte Fertigungs-know how.  Aus dieser Zeit existieren komplette ROGER-Gitarren ohne Logo.  Als dann irgendwann die Originalteile aufgebraucht waren, erschienen Instrumente mit einem Mix aus ROGER- und MUSIMA-Komponenten.  Das Topmodell RECORD von dieser Firma, das 1955 auf den Markt kam, ist baugleich dem ROGER-Modell SUPER-ULTRA, nur der Hals ist von MUSIMA. Die Qualität dieser Plagiate konnte jedoch nie das ROGER-Niveau erreichen.

Nach der Verhaftung von Wenzel Rossmeisl übernahm sein Sohn Roger Raimond die Führung der Berliner Filiale in der Lützowstraße in Berlin.   

Er hatte ein Jahr zuvor seine Meisterprüfung abgelegt und war 1950, im Alter von 23 Jahren,  der jüngste Meister in seiner Zunft.  Seine handwerklichen Fähigkeiten waren herausragend. Auf diesem Gebiet war er seinem Vater überlegen. Gänzlich unerfahren aber war er in der Leitung eines Betriebs. Hinzu kam, dass das gesamte Holzlager inklusive Hardware-Lagerbeständen nicht mehr verfügbar war. Ebenso fehlte ein Teil der für eine rationelle Fertigung benötigten Maschinen und Vorrichtungen. Über Nacht ist damit die Produktion und der Verkauf von ROGER-GUITARREN total zusammengebrochen. Fürs erste musste sich Roger damit begnügen, die in der Berliner Filiale gelagerten Einzelkomponenten zu kompletten Gitarren zusammenzufügen. So wurden die in den Jahren 46/47 von Franz Hirsch gelieferten Prototypen mit gewölbter Decke und tiefem Cutaway zu neuem Leben erweckt. Auch die Restbestände von Komponenten der German-Carve-Modelle wurden allesamt verbaut. Dabei wurde in Kauf genommen, dass nicht alle Teile die gewohnte Qualitätsnorm erfüllten.  Komponenten die fehlten, mussten einzeln, in Handarbeit, hergestellt werden. Die Beschaffung von geeignetem Tonholz war das größte Problem. Da trockene, mehrjährig gelagerte Hölzer nicht in ausreichendem Maß zu beschaffen waren, war Roger gezwungen, mit Hilfe einer Trocknungsanlage, das frisch geschnittene Holz für den nachfolgenden Verarbeitungsprozess tauglich zu machen. Nicht minder schwierig war es, passende Halsrohlinge zu bekommen. Um der ungeheueren Belastung, ohne eingelegte Verstärkung, auf Dauer trotzen zu können, müssen die Rohblöcke, aus denen man die Halsrohlinge gewinnt, mittels eines speziellen Verfahrens hergestellt werden, bei dem die einzelnen Holzplatten mit Kaurit-Leim unter großer Hitze und ungeheuerem Druck verleimt werden. Dazu sind Pressen mit 50 Tonnen Druckkraft erforderlich, die sich kleinere Werkstätten nicht leisten können. Der enteignete ROGER-Betrieb in Markneukirchen besaß eine solche Presse, aber diese Quelle war versiegt. Die Halsrohlinge die Roger nun erwerben konnte hatten weniger Lagen. Dies ist das auffälligste optische Merkmal im Vergleich zu den Gitarren aus Markneukirchner Produktion.

Erst als das benötigte Rohmaterial wieder zur Verfügung stand, konnte die Serienfertigung allmählich anlaufen. Dazu war aber auch zusätzliches Personal notwendig. Roger stellte sofort die gelernte Geigenbaumeisterin Olga Adelmann ein, die sich in einer finanziellen Notlage befand und bereit war für einen Mindestlohn zu arbeiten.

Auch Heimarbeiter und Praktikanten wurden eingestellt. Einer von ihnen war Klaus Andrees, der im Zuge seines Architektenstudiums als gelernter Holzbildhauer ein Praktikum bei Roger absolvierte.

Am Sonntag, den 17. August 1952 fand ein medienwirksames Ereignis statt, das von Reportern der Berliner Tageszeitung TELEGRAF zum Anlass genommen wurde, über die legendären ROGER-GUITARREN einen Artikel zu veröffentlichen.  In der Berliner Badewanne, einem der ältesten und bekanntesten unter den Jazzclubs in Berlin, überreichte Roger Rossmeisl dem Gitarristen Johannes Rediske eine ROGER-SUPER-SPECIAL-CA mit der Seriennummer 777. Diese Gitarre, wie auch die Nummer 333 für Django Reinhardt stammte aus der Prototypenserie, die Franz Hirsch 1947 an Wenzel Rossmeisl geliefert hatte. Die Nummern für diese beiden Gitarren sind von Roger zum Teil willkürlich vergeben worden und passen  deshalb  nicht immer in das fortlaufende Nummernsystem. 

Hier die Bilder des Artikels im TELEGRAF und ein Foto von Barney Kessel mit seiner ROGER-SUPER

Auf dem Bild „Der Ton macht die Musik“ von der Reportage des Telegraf, sieht man Roger mit einer Holzplatte vor seinem Trocknungsgerät.

Dieses Ereignis ist gleichzeitig der Höhepunkt des kometenhaften Aufstiegs der Firma ROGER. Hinter den Kulissen sah es derweil längst nicht mehr so rosig aus. Aufgrund seiner charakterlichen Veranlagungen war Roger Rossmeisl niemals in der Lage einen Betrieb längerfristig erfolgreich zu führen. Der Verlust des gesamten Kapitals der Filiale in Markneukirchen und der leichtfertige, luxuriöse Lebensstil von Roger sorgten sehr schnell für heftige finanzielle Turbulenzen. Der Betrieb geriet immer schneller in den Abwärtsstrudel. Der finanzielle Ruin war nicht mehr aufzuhalten, obwohl es an Aufträgen nicht mangelte. Um seinen Gläubigern zu entkommen blieb Roger nur noch die Flucht nach Amerika. In Windeseile löste er den Betrieb auf und verließ sein Heimatland.  Als die Firma ROGER zum 30. September 1953 ihre Pforten schloss,  weilte Roger bereits in Amerika, während Wenzel im Zuchthaus noch nichts davon ahnte, dass er aufgrund einer Amnestie das Gefängnis frühzeitig verlassen würde.

Bilder einer Gitarre die Roger, am 23. 08. 53, kurz vor seiner Abreise,  zusammengebaut und signiert hat.

Sofort nach seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten bewarb sich Roger Rossmeisl um die amerikanische Staatsbürgerschaft. Dabei konnte er sich auf die Unterstützung von prominenten Persönlichkeiten aus der Jazzgitarrenbranche verlassen, die die Rossmeisls gut kannten. Bereits kurze Zeit später war Roger amerikanischer Staatsbürger, was durchaus ungewöhnlich war, da eine Einbürgerung normalerweise viele Jahre dauert. Dabei ist der Nachweis eines tadellosen Leumunds und einer liberalen politischen Gesinnung unabdingbar. Wie sich vor nicht allzu langer Zeit herausstellte, entsprachen die Angaben zu seinem beruflichen Werdegang nicht in allen Punkten der Wahrheit.

In einem Artikel des Vintage Guitar Magazins berichtet Philipp Kubicki, ein ehemaliger Angestellter von Roger, bei Fender in Fullerton, was ihm sein Chef, Roger Rossmeisl, über dessen 8 Jahre dauernde  Ausbildung, mit Diplom zum Gitarrenbauer, an der Geigenbauschule in Mittenwald erzählt hatte.

Das führte im Rahmen der Recherchen für den vorliegenden ROGER-Bericht, zum beruflichen Werdegang von Roger, zu erheblichen Irritationen, da weder Roger Rossmeisl noch sein Ausbilder Franz Hirsch in Mittenwald bekannt sind.

Erst durch die Recherchen von Kaspar Glarner und Luc Quelin, die einen Film über den Einfluss von Roger Rossmeisl auf die Gitarrenentwicklung in den USA, in den 50er und 60er-Jahren, gedreht haben, konnte dieses Mysterium aufgeklärt werden.

Auf youtube kann ein Trailer von diesem Film angesehen werden.

Auskünfte zu diesem Film snd unter der nachfolgend Email-Adresse erhältlich:
permanentfilms2@gmail.com

Es stellte sich heraus, dass Roger Rossmeisl seine Ausbildung nicht in Mittenwald auf der dortigen Geigenbauschule sondern in der Werkstatt von Franz Hirsch, in Schönbach, in der Falkenauerstraße 315, absolviert hat. Grund für diese Falschangabe war die politische Situation zum Zeitpunkt von Rogers Einbürgerung. Schönbach war zu dieser Zeit Teil des sowjetischen Machtbereichs und befand sich während des Kalten Kriegs auf feindlichem Territorium. Mittenwald hingegen war im Westen gelegen und genoss durch seinen traditionellen Zupf-und Streichinstrumentenbau in den USA großes Ansehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei wahrheitsgetreuer Angabe, Probleme mit der Einwanderungsbehörde zu erwarten gewesen wären. 

Wenzel und Roger vor der Werkstatt von Franz Hirsch in Schönbach             Quelle: HR

ROGER-GUITARREN aus der Ära Berlin 1951-53 tragen die Nummern 650 bis 1045. Sie sind sehr leicht von denen aus früherer und späterer Produktion zu unterscheiden.

Spezifische Merkmale:

  • sanftere Übergänge im Carving
  • Unterschiede in der Lackierung – Farbe und Schattierung
  • SUPER-Modelle vorwiegend mit symmetrischer Kopfplatte
  • Halssperrung – 3-fach mit parallelem Mittelstreifen
  • unterschiedliches Halsprofil – Hälse meistens schlank, gut spielbar
  • Griffbretteinlagen JUNIOR-Modell:  5 Balken, z.T. geteilt
  • Griffbretteinlagen STANDARD, LUXUS, SUPER : 8 Blöcke, geteilt, z.T. mit Ziereinlagen
  • unterschiedliches Halsfußprofil und geringerer Halsfußüberstand
  • keine angeleimten Restholzstücke am Halsfußende
  • Unterschiedliches Halszungenprofil
  • Unterschiede im Hals-Kopfplattenübergang
  • Unterschiede im Binding
  • flache Böden, bei den JUNIOR-Modellen
  • Spezialanfertigungen von Saitenhalter, Steg, und Schlagbrett

Die  letzten, im Aug / Sep 1953 ausgelieferten Gitarren weisen, bezüglich der Qualität der verbauten Einzelkomponenten, nicht den gewohnten ROGER-Standard auf. Dies liegt daran, dass Roger, kurz vor seiner Flucht nach USA, so tief in den Schulden steckte, dass ihm niemand mehr irgendwelche Waren lieferte.

Ausführliches Bildmaterial hier:  Link zu Bildergalerie „Ära Roger 1951-53“ 

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KAPITEL 01   FAMILIENGESCHICHTE – ENTSTEHUNG DER ROGER-GUITARREN

WENZEL UND ELISABETH  ROSSMEISL

Wenzel Rossmeisl entstammt einer alteingesessenen Instrumentenbauerfamilie aus Graslitz.

Sein Großvater hatte 2 Söhne:

Wenzl, Franz Rossmeisl, der Onkel von WR, 1870-1947, Metallblasinstrumentenmacher, verließ Graslitz 1919, zusammen mit seinem Sohn Franz, 1895-1945 und gründete, in Tilburg/ Holland, eine Firma für die Herstellung und den Vertrieb von Musikinstrumenten.

Franz Rossmeisl, Instrumentenbauer, Vater von WR, geboren 1864 in Graslitz, gestorben 1934 in Kiel, siedelte 1902 nach Kiel.  Aus der Ehe mit Anna, geborene Meinl, gingen 9 Kinder hervor.

Wenzel Rossmeisl wurde am  28. Juni 1902, als zweites Kind, in Kiel geboren. Nach dem Abschluss der katholischen Knabenschule in Kiel begann Wenzel in der Werkstatt seines Vaters eine Lehre als Musikinstrumentenmacher. Sehr früh schon hat er das Banjospiel erlernt. Bereits zu Beginn der 30er Jahre zählte er zu den 12 besten Jazzmusikern im Land. Er spielte in den bekanntesten Formationen, war hochbezahlt, bereiste ganz Europa und hat in vielen Filmen der 20er und 30er Jahre mitgewirkt.      

Nach seiner Heirat mit seiner ersten Frau, Elisabeth, geborene Przybylla, wohnte WR in Berlin in der Motzstraße am Nollendorfplatz. Bei einigen seiner musikalischen Auftritte trat Elisabeth als Sängerin auf. Ihr Künstlername war Lollo. Aus dieser Ehe ging ein Sohn hervor.

Wenzel Rossmeisl war ein vielseitig begabter Mensch, kreativ, weltoffen und voller Tatendrang. Er verstand es, wie kein anderer in diesem Genre, seine Visionen und Ideen anderen zu vermitteln und sie in die Tat umzusetzen.  All diese Eigenschaften, gepaart mit einem ausgeprägten Geschäftssinn und einer gesunden Portion Geiz waren die Grundlage für seine außerordentlichen Erfolge.

ROGER RAIMOND ROSSMEISL

Einziges Kind von Wenzel und Elisabeth Rossmeisl, ist in Berlin und Schönbach aufgewachsen und hat eine Lehre mit anschließender  Meisterprüfung zum Gitarrenbauer absolviert. Er wanderte im Jahre 1953 in die USA aus und erwarb die amerikanische Staatsbürgerschaft, was den Verlust der deutschen Staatszugehörigkeit zur Folge hatte.

Ende der 60er Jahre hatte er sich bei einem Autounfall schwere Kopfverletzungen zugezogen. Eine längere Arbeitsunfähigkeit und bleibende  gesundheitliche Schäden waren die Folge und beschleunigten den sozialen Abstieg. Wie vor seinem Weggang aus Deutschland hatte Roger einen großen Berg von Schulden angehäuft. Nach der Scheidung war er mittellos und es blieb ihm nur der Weg zurück in seine alte Heimat.  Seine Mutter, die für einen winzigen Teil seiner früheren Schulden aufgekommen war, bezahlte das Flugticket. Die fehlende deutsche Staatsbürgerschaft machte es Roger noch schwerer in seinem Heimatland Arbeit zu finden.  Er arbeitete zeitweise als Verkäufer bei KaDeWe in Berlin. KaDeWe (Kaufhaus des Westens) war das größte Kaufhaus Berlins in der Tauentzienstraße.

Roger starb am 16.03.1979 im Alter von nur 52 Jahren.

Es existiert ein US-Patent von Roger vom Dezember 1968 über eine spezielle Ausführung einer Solid Body Gitarre.

Im Jahre 1970 wurde das von Roger Rossmeisl für Fender angemeldete MICRO-TILT-NECK patentiert.

Patent Fender-Micro-Tilt-Neck          

STATIONEN IN WENZEL ROSSMEISLS LEBEN

1902am 28. Juni in Kiel geboren
1907-15Besuch der katholischen Knabenschule in Kiel
1915-22Lehre und Beschäftigung in der Werkstatt seines Vaters  
1927Geburt seines Sohnes Roger Raimond, am 05.August
Beginn der Entwicklung von Schlaggitarren
1930Gewerbeanmeldung – Bau und Vertrieb von Jazzgitarren
1936    erste Ausstellung der ROGER Jazz- und Hawaiigitarren auf der Messe in Leipzig
1940-45Kriegsdienst und britische Gefangenschaft in Norwegen
1945-46kurzfristige Tätigkeit bei A. HOYER; nebenbei Aufbau der Werkstatt in Berlin, Lutherstr. 27.
Entwicklung der ersten doppelhalsigen Hawaii-Gitarre
im Sommer 46 baut Roger Rossmeisl den ersten Tonabnehmer aus Teilen von Wehrmachtskopfhörern an die ROGER-STANDARD von Coco Schumann.
Entwicklung der weltweit ersten Gitarre mit tiefem Cutaway, Mod. Roger Super Special
1947Weltpremiere von Neuentwicklungen der Firma ROGER auf der Leipziger  Frühjahrsmesse
Folgende Neuheiten werden vorgestellt:
–  Gitarre 16,5 Inch, Decke und Boden gewölbt, tiefes Cutaway 
–  Tonabnehmer für die Erstausstattung und zum nachträglichen Anbau.
– Hawaii-Gitarren, Tonabnehmer und Verstärker
1948Entwicklung des German Carve bei einschichtigen Decken und Böden am 16,5 Inch-Modell
Eröffnung der Werkstatt in der Lützowstraße 69 in Berlin, am 21. Juni 1948.
Übernahme der Werkstatt von Peter Harlan in Markneukirchen
1949-50Entwicklung eines 17 Inch Modells mit German Carve, Cutaway und mehrschichtigen  Decken und Böden.
1951Verhaftung von Wenzel auf der Frühjahrsmesse in Leipzig und Verurteilung zu 4 Jahren Zuchthaus wegen Devisenvergehens. Der Betrieb in Markneukirchen wird enteignet.
1951-54Häftling im Zuchthaus Waldheim. Dort arbeitete er als Möbeltischler.
Am 15. September 1953 wandert sein Sohn Roger Raimond nach Amerika aus.
Die  Werkstatt in Berlin wird zum 30. September desselben Jahres geschlossen.
1954Nach der vorzeitigen Entlassung aus dem Zuchthaus, im Zuge einer Amnestie des Präsidenten Wilhelm Piek, im März, 4 Wochen Aufenthalt in Berlin.
Im April, zweite Ehe mit seiner langjährigen Partnerin und Mitarbeiterin Marianne Rorarius
Am 06. Mai nach Hamburg umgezogen.  Dort ist er, ab 01. Juni, 1 Monat lang, Gitarrist bei der Kapelle Walter, die im Faun in Hamburg spielt.
Ab 01. August Auftritt auf der großen Freiheit mit eigener 6 Mann Band.
Am 01. Oktober Umzug nach Holland wo er, zusammen mit einem ehemaligen       Kunden, (sein Cousin in Tilburg?) eine neue Firma gründen möchte.
1955Zwischenzeitlich ist WR als Gitarrist unter anderem bei Radio Hilversum tätig.     
Zum 01. September pachtet er eine komplette Schreinerei in Mittenwald und
eröffnet seine neue Werkstatt für den Bau der ROGER-Gitarren.
1959    Erteilung eines Patents zur Herstellung u. Bearbeitung von Decken u. Böden für Gitarren
1959 – 60Umzug in die neuerbaute Firma nach Neumarkt St.Veit in Oberbayern.
1964Besuch seines Sohnes Roger in Los Angeles im Dezember.
1965    Neueröffnung eines Ladengeschäfts in München in der Hohenzollernstraße 58.
1968Verpachtung des Betriebs an den Geigenbaumeister Helmut Buchsteiner
1969Ausstieg von Helmut Buchsteiner aus dem Pachtvertrag zum Jahresende
1970 – 71Schließung der Firma in Neumarkt-St.Veit und des Ladengeschäfts in München
1975Am 03. April starb Wenzel Rossmeisl, im Alter von 73 Jahren in München. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Nordfriedhof, Grab Nr. 164

ROGER-GUITARREN – ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG

Als 1923 in den USA die legendäre GIBSON-Jazzgitarre L5, von Lloyd Loar, die Welt zu erobern begann, erkannte WR sofort, dass dieses neue Instrument die Musikwelt revolutionieren würde. Es dauerte nicht lange bis Wenzel selbst Besitzer eines solchen Modells war. Ihn faszinierte der Klang ebenso wie die Konstruktion und er begann darüber nachzudenken wie man dieses Instrument noch verbessern könnte.

Wenzel Rossmeisl war besessen von dem Gedanken, Jazzgitarren, nach amerikanischem Vorbild, in Deutschland zu bauen und unter seinem Namen zu vertreiben.

Für dieses Vorhaben brauchte er aber einen passenden Firmennamen unter dem er seine Produkte weltweit anbieten konnte und ROGER war genau das richtige Logo. Der Name ROGER ist multinational und gleichermaßen in Europa wie in Übersee bekannt und es ist naheliegend, dass er den Namen seines Sohnes im Hinblick auf dieses Vorhaben ausgewählt hat.  –Marketing par excellence

Da ihm jedoch die handwerklichen und fertigungsbedingten Voraussetzungen dafür fehlten, beauftragte er einen erfahrenen Gitarrenbauer, die Instrumente, nach seinen Vorstellungen, zu produzieren.  In Franz Hirsch, Gitarren- und Lautenmacher aus Schönbach, fand er den geeigneten Hersteller. Den Vertrieb nahm Wenzel selbst in die Hand. Bei der Herstellung seiner Instrumente, war WR zeitweise dabei und so erlernte er sehr schnell die notwendigen handwerklichen Fertigkeiten.

Informationen über Franz Hirsch

  • Franz Hirsch, geb. 02.08.1879 in Neubistriz bei Budweis
  • Umsiedlung 1891 nach Schönbach
  • Gitarren u. Lautenmacher
  • Lehrmeister Franz Brückner, Schönbach
  • Goldmedaillen in Komotau 1913
  • Selbständig ab 1920 in Schönbach, Bahnhofstraße 440
  • Vertrieben 1946 nach Tennenlohe, später umgezogen nach Bubenreuth
  • hat Roger Rossmeisl, Gustav Glassl und Anton Neubauer ausgebildet
  • war Prüfungsmitglied in verschiedenen Körperschaften
  • gestorben 1964 in Bubenreuth

ROGER GUITARREN VON 1930 – 1940

Alle vor dem Krieg hergestellten ROGER- Gitarren stammen aus der Werkstatt von Franz Hirsch in Schönbach. WR hatte sehr genaue Vorstellungen bezüglich der Ausführung  der Instrumente. Die Gitarren sind symmetrisch, haben gewölbte Decken und Böden und sind in der Form der Gibson L5 nachempfunden. Mit 16,5 Inch ist der Korpus allerdings etwas kleiner als die L5. Getreu dem Vorbild haben sie keinen Nullbund. Der Halsfuß ist konisch und sie besitzen eine Kopfplatte aus Ebenholz mit Intarsien plus ROGER-Schriftzug in Perlmutt. Bevorzugte Griffbrettauflage ist Ebenholz mit 6 bis 7 Einlagen + Verzierungen, je nach Modell. Die Einlagen sind vorzugsweise aus Perlmutt. Alle Modelle haben F-Löcher und eine symmetrische Kopfplatte, mit Ausnahme des Top-Modells SUPER, das tropfenförmige Schalllöcher und eine unsymmetrische Kopfplatte besitzt. Alle Instrumente aus dieser Zeit sind kastanienbraun-schattiert lackiert.

Es gibt folgende Modelle:  Amateur, Standard(t), Luxus und Super

      Katalogbild AMATEUR / STANDARD

Katalogbild LUXUS

Katalogbild SUPER

Seine geräumige Wohnung, in einem Eckhaus in der Motzstraße, benutzte WR zur Abwicklung seiner Geschäfte. Wenzel unterhielt dort ein umfangreiches Lager an verschiedenen Hölzern und Zubehörteilen. Dort empfing er auch seine Kunden und komplettierte die Instrumente, entsprechend deren Wünschen.

Mit dem Beginn seiner Selbstständigkeit, im Jahr 1930, mietete WR Räumlichkeiten in einem Hinterhof in der Lutherstraße 27, die er hauptsächlich als Lager, für die von Franz Hirsch angelieferten Instrumente und Komponenten, benutzte. Gleichzeitig war dies seine Geschäftsadresse, die auch auf den eingeklebten Etiketten aufgedruckt war, welche 1930 erstmals eingeführt wurden.

Klaus Buhé mit seiner Roger Nr. 35 von 1936                                                        Quelle:  Thomas Buhé

ROGER Standard von Coco Schumann

Diese kastanienbraun schattierte STANDARD  ist vor dem Krieg gebaut worden. Eine genauere Bestimmung des Herstelldatums ist leider nicht möglich, da die Seriennummer nicht bekannt ist. Coco erwarb sie von einem Schwarzmarkthändler zum Preis von 5000 RM. Im Sommer 1946 wurde sie von Roger Rossmeisl mit einem elektrischen Tonabnehmer ausgerüstet. Auf Bildern aus dem Jahre 1947 erscheint die Gitarre in einer neuen blonden Lackierung. Jahre später wurde sie noch einmal restauriert und erhielt ein kirschtonfarbiges Aussehen. Im April 2006 wurde sie an einen bekannten Sammler und Entertainer aus Kanada verkauft.

Coco mit kastanienbraun schattierter ROGER            Quelle:  Peter Strasser

Coco mit gleicher Gitarre, blond lackiert,
im Rex-Casino 1947 Quelle: Internet

ROGER Standart Nr. 133          

Von diesem Vorkriegsmodell gibt es außer umfangreichem Bildmaterial auch eine detaillierte Maßtabelle.

Roger Standart Nr. 133                                                                                         Quelle:  Peter Strasser

ROGER  Stromlinie Nr. 301

Diese ROGER, in absolut originalem Zustand, ist aus historischer Sicht von allergrößter Bedeutung. Sie wurde während des 2. Weltkriegs, von einem deutschen Soldaten in Norwegen verkauft und ist heute noch im Besitz des Sohnes des Käufers, der in Norwegen lebt.

Der Soldat, der die Gitarre verkaufte, war kein geringerer als Wenzel Rossmeisl selbst. Dieser befand sich zu diesem Zeitpunkt in Kriegsgefangenschaft in Norwegen. Die Gitarre, Baujahr 39, spielte WR  schon vor der Einberufung zur Wehrmacht und sie begleitete ihn auch während des Krieges. (Siehe Bildergalerie Nr. 168, 169) Mit diesem Instrument hat WR, während der Gefangenschaft, seinem deutschen Kameraden, Karl Lohmann, das Gitarrenspiel beigebracht, das dieser nach seiner Heimkehr zum Beruf machte. Das  Bild Nr. 70 in der Bildergalerie zeigt Karl Lohmann zusammen mit seiner Band.

Aber noch in einer anderen Hinsicht sollte dieses Instrument Berühmtheit erlangen:

Es ist das Ausgangsmodell für die Entwicklung der ersten Jazzgitarre mit tiefem Cutaway, kurz nach Kriegsende. Die Adresse „Berlin, W. 62. Lutherstr. 27“ auf dem Label ist, in gleicher Weise wie bei der Nr. 133, durch Übermalen unkenntlich gemacht. Warum dies geschah, darüber kann im Moment nur spekuliert werden.

Modell Stromlinie Nr. 301               Quelle:   Lacquercracks

Bilder von weiteren Vorkriegsmodellen und von der Messe 1939

Modell Standard Nr. 50
Quelle: MK

Modell Super Nr. 200        Quelle:   Arjen Ehlers

Modell Standard Nr. 273   Quelle:   Lacquercracks

Modell Super Nr. 280     Quelle:   Feiner

Frühjahrsmesse 1939 in Leipzig 
Quelle: Thomas Buhé

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EINFÜHRUNG ROGER

VON HERBERT RITTINGER     10.02.2022

Diese Webseite ist dem Gitarrenbauer und Gitarristen Wenzel Rossmeisl und seinen Instrumenten gewidmet.

Schon seit geraumer Zeit hatte ich mir vorgenommen, einen Bericht über ihn und seine Guitarren zu schreiben, sozusagen als Ergänzung zum bisherigen Wissensstand weil sich über die Jahre Informationen angesammelt hatten, die bislang noch nicht allgemein bekannt waren. Mehr als 5 DIN A4 Seiten sollten es auf keinen Fall werden. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich jedoch nicht ahnen, welche Fülle an Informationen, über Wenzel, seine Firma, seine Guitarren und sein Leben, darauf warteten, offenbart zu werden. Und so beschreibt die Geschichte nicht nur die Entwicklung seiner Instrumente; sie zeichnet auch ein Bild seines Lebens mit all seinen Facetten. Ein Leben, geprägt von harter Arbeit und grandiosem Erfolg, das aber auch von Schicksalsschlägen und großer menschlicher Tragik nicht verschont geblieben ist.

Da der Artikel sehr umfangreich ist habe ich ihn in Kapitel aufgeteilt. Das vereinfacht das Navigieren und bietet darüber hinaus die Möglichkeit, Korrekturen vorzunehmen oder Neues und Ergänzungen problemlos einzufügen.

Meine Aufgabe war es, Informationen und Fakten zu diesem Thema zu sammeln und wie ein Mosaik zu einem passenden Ganzen zusammenzufügen. Sollte mir das gelungen sein, wäre dies ein schöner Lohn für meine Bemühungen.

Ich habe beschlossen, diesen Bericht ins Netz zu stellen anstatt ein Buch herauszugeben. Damit ist gewährleistet, dass diese Informationen weltweit und kostenlos abgerufen werden können.

 

Die Webseite werde ich von Zeit zu Zeit aktualisieren.

Bei aller Sorgfalt und Prüfung bin ich mir aber sicher, dass mein Bericht an mancher Stelle einer Korrektur oder Ergänzung bedarf. Ich bin dankbar für jeden Hinweis, der dazu geeignet ist, die Dinge ins rechte Licht zu rücken und werde, im Falle von weiterführenden Erkenntnissen, diese gerne nachtragen.

Wenn ich heute eine ROGER in die Hand nehme und spiele, fühle ich tief in meinem Inneren eine gewisse Verbundenheit mit ihrem Meister und vielleicht ist dieses Gefühl das schönste Kompliment das ich Wenzel Rossmeisl machen kann.

Noch ein Hinweis in eigener Sache:

Alle Gitarren mit dem Logo HR auf dem Schlagbrett wurden von mir aufwendig restauriert und befinden sich optisch und klanglich in optimalem Zustand.
Sie sind mein Eigentum und unverkäuflich. Ein wichtiger Aspekt ist die auffällige Platzierung meiner Initialien, durch die unlautere und betrügerische Aktivitäten erschwert werden. Unseriöse Verkäufer und Betrüger in den sozialen Medien, vor allem in den Verkaufsportalen, benutzen wahllos Bilder und Texte aus meinen Artikeln für Ihre illegalen Absichten. Mittlerweile existiert jedoch eine zahlreiche und gut vernetzte Community, die vor Falschinformationen und betrügerischen Aktionen warnt und diese auch meldet

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